Jenseits der Schleuse

Was “Forensik” bzw. “forensische Psychiatrie” bedeutet,
das wissen viele nur seit etwa vier Wochen im Zuge der
Debatten um den Fall Gustl Mollath.
Die Unterbringung psychisch kranker Straftäter (wofür v.a.
Gutachten maßgeblich sind) nennt man Maßregelvollzug.
Über den Fall Mollath berichtet u.a. besonders die SZ weiterhin.
Wie es solchen Insassen gerade jetzt an Weihnachten so geht,
bzw., wie man Weihnachten in solchen Anstalten allgemein so
verbringt, war eine der kleinen Nebenfragen, die rund um den Fall
auftauchten.
Es ist eine abgeschirmte Welt, in die man ansonsten
kaum Einblick hat.

Dass man nun so schnell selbst in die Lage kommen würde,
eine forensische Abteilung in der Weihnachtszeit einmal
besuchen zu können, hätte ich nicht gedacht.

Durch einen Ex-Mitarbeiter (schon früher immer bemüht
um eine humanistische Ausrichtung der Abteilung) und
seinen Anruf durfte ich mit ihm eine kleine Wanderung
durch diverse Stationen machen.
Allerdings  wäre es irgendwie ein Vertrauensbruch, sich
diesbezüglich in eingehenden Schilderungen zu ergehen.
Denn ich war da zufälliger spontaner Gast, eine “Musik-Assistentin”
sozusagen. Was ich jederzeit gerne wiederholen würde.

Eins sei aber gesagt: Das gesamte Personal erschien
sehr engagiert, auch in der vorweihnachtlichen Gestaltung
der Wohngruppen. Auch diese selbst sahen eben eher nach
Wohngruppen aus als nach haftstrenger Unterbringung,
wie man sie vielleicht von anderen Bildern her im Kopf hat.

Natürlich gingen so einige Türen und Sicherheitsschleusen
auf und zu, und zum Ende hin verharrte man gar vor offenen
Türen, weil man gar nicht mehr erwartete, dass da auch mal
eine nicht verschlossene Tür vorhanden sein konnte.
Ein klassischer Effekt, wie uns unser freundlicher
Begleiter lachend versicherte.

Angefangen hatte der Tag mit einem Gottesdienst.
Notgedrungen ebenfalls abgegrenzt speziell für den
Forensik-Bereich.
Gehalten von einem offiziellen Vertreter der Landeskirche,
der dort regelmäßig mitgestaltet -  und vom Klinikpfarrer.
Auch Patienten haben mitgewirkt.
(Etwas schmunzeln musste ich nur beim ersten Lied
“Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…”)

In allem spürte man  als ersten Eindruck dort wirklich das
Bemühen, die Abläufe möglichst menschenfreundlich zu
gestalten und anzubieten.

Wenn das in den meisten anderen forensischen Abteilungen
dieser Republik nicht anders ist, wäre das beruhigend.
Eben gerade bezüglich des aufgekeimten Misstrauens,
welches ja im Zuge des Mollath-Falles auch in Richtung
Psychiatrie und dort gängigen Standards allgemein schwappte.

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