Antidemokratische Netzwerke, ungeklärte Geldflüsse und Widersprüche

Gerade veröffentlichte das ungarische Portal Atlatszo einen Artikel zu Lörinc Mészáros, dem alten Orbán-Freund auf, der immer noch im Luxus schwelgt und über eine eigene Yacht, Jets und Sonstiges verfügt.
(> “money makes such guys fly around, such guys fly around, such guys fly around…” -
warum hat Marsalek für die Flucht nicht gleich einen Mészáros-Heli verwendet?)
https://english.atlatszo.hu/2024/09/18/lorinc-meszaros-enjoys-luxury-aboard-his-newest-27-million-dollar-jet/
Dies erinnerte mich an meinen hier gelisteten Artikel von 2018, in dem z.B.  steht, wie die NZZ damals eine Aktie „seines“  Unternehmens „Opus Global“ als „weltweit erfolgreichste Aktie“ beschrieb. Auch um weitere ungute Netzwerke ging es da.
https://opus-omi.eu/2018/03/

Das mit der Aktie musste in den Ohren aufmerksamer Beobachter:innen der Jahre zuvor eigentlich wie ein Alarm dröhnen.
Es war das Gleiche, wie wenn berichtet worden wäre, dass die Aktie eines Mafiaunternehmens die weltweit erfolgreichste Aktie sei.
Spätestens seit Dezember 2010 waren die Angriffe auf die Demokratie in Ungarn sehr deutlich – und klar war auch, dass Orbán damit innerhalb der EU ein Exempel statuieren wollte.
Damals im März 2018 hatte ich noch einmal nach Aktuellem dazu gesehen, auch weil ich innerhalb eines Projekts gerade eine kleine interne Ausstellung mitvorbereitete zum Thema Kirche und Rechtsextremismus  – ich hatte ab 2010 beobachtet, wie es unter anderem zu Orbáns Strategien gehörte, z.B. den Vatikan in sein Boot zu bekommen.
(Ich hatte deshalb schon mit Protestflyern zu seiner „Osterverfassung“ 2011 am Speyrer Dom gestanden.)

So fiel mir dann der Artikel der NZZ ins Auge, der zeigte, wie sehr man über diese Aktie – SICHER mit Hilfe internationaler Unterstützung – momentan über Geld verfügte.
Eine „weltweit erfolgreichste Aktie“ kann es nicht geben, wenn das Geld bzw. die „Zufütterung“ nur aus einem Land, z.B. aus Ungarn, kommt. Und es lag doch sehr nahe, dass das erwirtschaftete Geld allgemein in internationale Strukturen zu fließen drohte, die Antidemokraten und deren Strategien fördern.
Diese Aktie könnte wie eine Art “Crowdfunding” für Antidemokraten fungiert haben.

Wenn Nachrichtendienste da NICHT näher hinsahen, dann war das massiv fahrlässig.
Ich habe immer gehofft, dass sie verdeckt sehr wohl hinsehen.

Aber die Entwicklungen weisen nicht darauf hin.

Wenn die Gerüchte aber stimmen sollten, dass man für Ermittlungen zu internationalen Geldflüssen – z.B. auch bei der Ndrangheta bzw. Organisierter Kriminalität – teils auf Leute wie Marsalek und gut vernetzte Firmen wie den Zahlungsdienstleister Wirecard setzte – und denen vertraute bzw. glaubte, sie würden bei Ermittlungen helfen – dann wiederum wäre klar, wieso das nicht zum Ziel führte.

Menschen wie Klaus-Dieter Fritsche – später auffällig mit seinem Auftreten in Österreich und als Wirecard-Lobbyist – wäre damals im Sicherheitsapparat in der Einflussposition gewesen, dass er früh für Marsalek hätte werben und hier evtl. auch Dienste und Partner hätte täuschen können. Über die Tragweite dieser Annahme bin ich mir klar.
Aber je mehr dazu geschwiegen wird, umso weniger erscheint es mir, dass diese Annahme entkräftet sei.
Hinzu kommen handfeste Widersprüche.

Julian Hessenthaler (Ibiza-Aufdecker) sagte im U-Ausschuss zu Wirecard aus, ihm habe die Info vorgelegen, dass Marsalek es war, der 2018 Kickl & Umfeld empfahl, dass Fritsche nach Österreich kommen sollte!! (Protokolle dazu sind noch zugänglich:
https://dserver.bundestag.de/btd/19/CD30900/Protokolle/2021-03-05_29.%20Sitzung_Endg.%20Stenogr.%20Protokoll_Teil%201.pdf  S. 14)

Das widerspricht Fritsches Behauptung im U-Ausschuss, er habe von Wirecard und Marsalek bis 05/2019, als er für Wirecard lobbyierte bzw. es erste Gespräche dafür gab, kaum etwas gehört und keine Ahnung von Verdachtsmomenten gegen das Unternehmen gehabt. Bei Fritsches Befragung durch Gottschalk (AfD) fiel übrigens auch auf, dass Gottschalk bereits seine Frage nach Fritsches Arbeit für Wirecard auf einen bestimmten Zeitraum eingrenzte – als wäre Gottschalk bereits im Vorfeld davon ausgegangen, dass es da etwas einzugrenzen gäbe.  (S. 10 unten und S. 11 https://dserver.bundestag.de/btd/19/CD30900/Protokolle/2021-04-15_38.%20Sitzung_Endg.%20Stenogr.%20Protokoll.pdf )
Fritsche sagt hier auch aus, Hr. Kindler habe ihn beim Anruf im Mai 2019 erst darauf hingewiesen, dass der CEO von Wirecard in Österreich ein- und ausginge.
(und das, obwohl Fritsche selbst seit spätestens 01/2019 – oder vielleicht schon seit 2018 – in Österreich tätig war?)

Irgendjemand lügt bzw. stellte die Dinge hier falsch dar.
Marsalek hat Fritsche kennen müssen, wenn er ihn empfohlen hat. Wieso hätte er ihn empfehlen sollen, wenn er ihn nicht schon damals zumindest als “wohlgesonnen” einschätzen konnte? Dazu hätten die beiden keine leicht nachweisbare “Brieffreundschaft” pflegen müssen. Solches hätte sich auch “über Ecken” vollziehen können.

Ich bezweifle, dass die Falschdarstellung bei Julian Hessenthaler bzw. dessen Quelle liegt.

Aus seinem Schweigen dazu schließe ich lediglich, dass er vielleicht – nachvollziehbar  - seine  damalige Quelle schützen will.

Wieso es außerdem noch unglaubwürdig ist, dass Herr Fritsche so wenig wusste von Wirecard, dem Riesen in München: Weil er von jeher massiv CSU- und damit auch Bayern-vernetzt war. Er kam aus dem „CSU-Stall“ und hatte lange vom engen Kontakt zu Beckstein profitiert.
Und so jemand will von Wirecard kaum etwas gewusst haben?

Wirecard nutzte in München übrigens auch teilweise Räume der Hanns-Seidel-Stiftung.
Auch bei solchen Details wäre es interessant, wie genau es dazu kam bzw. wer genau
in der HSS da Ansprechperson war.

Es gibt eine weitere Unklarheit, die auf Widersprüchlichkeiten hinweist.

Der ehemalige BVT-Chef Peter Gridling, gestandener Nachrichtendienstler, ehemals Europol, der selbst massiv angegangen worden war durch Falschbehauptungen und den Angriff auf das BVT unter Kickl bzw. durch die Razzia 2018, beschrieb in seinem Buch „Überraschungsangriff“ unter anderem ebenfalls Begegnungen mit Fritsche.

Zeitlich klingt seine Darstellung aber so, dass er diesem bereits ab Frühsommer 2018 in Österreich begegnete im Zuge der ab Mai 2018 anberaumten „BVT-Reform“, für die Gridling zum Dienst zurückgerufen wurde. Demnach wäre Fritsche als Berater also bereits in dieser Zeit dort tätig gewesen.
Das ergibt ein komplett anderes Bild als bisher.
In Deutschland gab es Meldungen zur auffälligen Tätigkeit Fritsches in Österreich nämlich erst ab Januar 2019.

Und es wurde bisher auch vielfach so dargestellt, als sei er erst ab 2019 in Österreich tätig geworden.

Woher rührt diese Diskrepanz?

Gerade wenn Fritsche bereits ab 2018 in Österreich tätig war, muss er auch von Martin Weiss, ehemals BVT und Marsalek-Bekannter ab 2015 – und von Egisto Otts Treiben gehört haben. Die Gerüchte sagten schon damals, dass ein vermeintliches umgehendes BelastungsKonvolut aus der Feder von Weiss stammte.

Beide arbeiteten u.a. Marsalek zu. Nach seinem Ausscheiden im BVT arbeitete Weiss für IMS Capital, die Firma eines Duz-Freundes von Marsalek, die ebenfalls in Marsaleks Villa in der Prinzregentenstraße in München saß.
Auch das spricht dagegen, dass ein “alter Hase” wie Fritsche im Mai 2019 „kaum etwas von Wirecard“ oder Marsalek  wusste.
„Mitte 2018 wird Otts Suspendierung aufgehoben, er wird in die Sicherheitsakademie (Siak) versetzt. In dieser Zeit späht Ott für den bei Marsalek tätigen Weiss hunderte Personen aus, viele davon mit Bezug zu Russland. Teils wird er direkt von Stanislav Petlinsky kontaktiert, einem Mann mit besten Verbindungen in russische Sicherheitskreise, der eine Art Mentor für Jan Marsalek gewesen sein soll. Auch der Investigativjournalist Christo Grozev gerät ins Visier von Ott.“
https://www.derstandard.at/story/3000000214633/wie-egisto-ott-zum-gefuerchteten-doppelagenten-fuer-russland-wurde

Journalisten Anna Thalhammer war Ott als erstes auf der Spur und wurde dann von Desinfo überzogen. https://www.profil.at/morgenpost/putins-maulwurf-in-wien-der-fall-egisto-ott/402944841
Über den österreichischen Part des unguten Netzwerks um Marsalek, Weiss, Ott & Co. erschien auf joyn.at gerade eine interessante Doku, die auch kostenfrei streambar ist.
https://www.joyn.at/filme/die-zelle-putins-wiener-spione

Recherchen des Spiegel brachten im Februar 2024 ja zutage, dass Marsalek bereits seit Jahren eng mit russischen Diensten bzw. deren Beratern (vgl. “Stas”)  “liiert” war.

Es bleibt zu hoffen, dass auch der Part um Fritsches Rolle noch näher beleuchtet wird und unter anderem genaue Zeiten aufgeklärt werden.
Auch dass der noch ältere alte 008Hase Schmidbauer Marsalek im Nov. 2018 traf, lässt es nicht als sonderlich glaubwürdig erscheinen, dass Fritsche wiederum im Mai 2019 noch wenig von Wirecard wusste. Marsalek als russischer Agent: Was wußte der deutsche Geheimdienst? (correctiv.org)

Klaus-Dieter Fritsche prägte den deutschen Sicherheitsapparat über mehr als ein Jahrzehnt und hatte höchste Positionen inne sowie höchsten Einfluss, genoss Vertrauen, auch das von Angela Merkel – und war überdies Geheimnisträger.

Angela Merkel setzte ihm erst eine deutliche Grenze und ein „Nein“, als er für Herbst 2020 anfragte, im Aufsichtsrat des Waffenhändlers Heckler & Koch tätig zu werden.

Könnten z.B. die beschriebenen zeitlichen Diskrepanzen der Angaben daher gerührt haben, dass Fritsche zunächst vorgab, die Lage in Österreich aufklären und eruieren zu wollen – und man ihm das erst mal glaubte?

Dass man dann aber feststellte, dass er (evtl. schon länger) die Seiten gewechselt hat, und man deshalb erst danach seine Tätigkeit dort öffentlich machte und damit problematisierte?

Wäre es denkbar, dass im Zuge dessen dann auch 2020 ein gewisser „Schutz“ für Wirecards Agieren wegbrach, und deshalb die Machenschaften des Unternehmens offen zutage traten bzw. endlich als kriminell erkennbar wurden?

Auf solche Ideen kann man kommen.

Wer sich mit all den Entwicklungen in den letzten Jahren befasst hat, kommt automatisch auf die Frage, ob man an verschiedenen Stellen auf „Falschfahrer“ vertraute.

Wie aufklärungsbereit wäre man, wenn das der Fall gewesen wäre?

Was hier als Annahme formuliert ist, ist bewusst als solche formuliert.

Diese Annahmen und Hypothesen sind nicht belegt.

Es gibt nur Indizien.

Bei Indizien handelt es sich allerdings auch um Fakten.
Und es stellt sich immer die Frage: Wären diese auch ganz anders zu erklären?

Oder eher nicht?

Die Personalie Maaßen, die ebenfalls noch zum “System Fritsche” gehörte, wurde in Deutschland im Herbst 2018 glücklicherweise endlich abgelöst.

(Anmerkung: Mir fiel über die Jahre natürlich auf, dass L. Eckhart – die ich ebenfalls mit Skepsis sehe – von der  “Omama” sprach – genau so wie sie  – das wurde mir angezeigt – aktuell auch “Verkehrte Welt” als Titel für eines ihrer Videos benutzt. Was man sich deshalb nicht ansehen muss. Ausdrücken möchte ich aber durchaus, dass solches bei Vorhandensein von Absicht schlicht eine dreiste Provokation darstellen würde. Und bei Absicht Teil der üblichen Verdrehversuche wäre, in denen sich entsprechende Netzwerke gerne ergehen.
In einem Video zu den Wachenheimer Kurz-Netzwerken hatte ich 09/2023 ebenfalls kurz über sie gesprochen. https://www.youtube.com/@GLokalTermin ; aber sicher ist das alles nur Zufall ;)   Es ist genau so gemacht, dass sie sich bei der Unterstellung von Absicht sofort zum Opfer stilisieren könnte. Und so sind solche Dinge ja leider sehr oft gemacht.
So möchte ich mich mit einer Unterstellung auch gar nicht lange aufhalten. Aber dennoch meine größtmögliche Distanz ausdrücken. :) )

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